Das Bemühen der Mainzer Erzbischöfe, der Wirtschaft des Kurstaates neue Impulse zu verleihen, führte 1768 zur Gründung der Höchster Neustadt durch den Kurfürsten Emmerich Josef (1763-74). Das Projekt sollte unmittelbar östlich der alten Stadt Höchst oberhalb der Niddamündung entstehen, wobei eine rechteckig ummauerte Stadtanlage mit regelmäßigem Straßenraster und geschlossener Blockrandbebauung vorgesehen war. Die durch den Kurfürsten mit zahlreichen Privilegien ausgestattete Gründung sollte nicht nur den Zuzug von Neubürgern, sondern auch die Ansiedlung von Handel, Handwerk und Gewerbe fördern.
Traum einer Idealstadt
Die Erwartungen, die der Landesherr mit dem ehrgeizigen Projekt verband, erfüllten sich indes nicht. Eine von ihm eingesetzte Neustadt-Kommission bemühte sich zwar redlich, jedoch gleichermaßen dilettantisch um eine Vermarktung, so dass sich nur wenige der potentiellen Investoren begeistern ließen. Auch fehlte es an realistischen Konzepten und Kapital für die Umsetzung der notwendigen öffentlichen Baumaßnahmen. Sowohl die Unzulänglichkeiten des „Marketings“ als auch die fehlende finanzielle Absicherung führten dazu, dass mit dem Tod Emmerich Josephs auch die Neustadtpläne zu Grabe getragen wurden. Lediglich der Bolongaropalast, ein zugehöriges Lagerhaus und ein weiteres Wohnhaus wurden gebaut und erinnern bis heute an den Fiktion gebliebenen Traum einer barocken Idealstadt.
Die aus Stresa am Lago Maggiore stammenden Bolongaros waren als Großkaufleute und Bankiers seit 1735 in Frankfurt ansässig, von wo aus sie in großem Stil mit Tabak und Schnupftabak handelten. Langjährige und schließlich in einem Eklat endenden Querelen zwischen der Familie und dem Rat der Stadt Frankfurt um die Gewährung der Bürgerrechte führten 1771 zu ersten Verhandlungen der Brüder Joseph Maria Marcus und Jakob Philipp Bolongaro mit dem Mainzer Kurfürsten über eine Verlegung des Wohn- und Firmensitzes nach Höchst, die im Herbst 1772 erfolgreich abgeschlossen wurden.
Bau der Palastanlage
Mit Abschluss der Verhandlungen lagen bereits erste konkrete Planungen zum Bau der Palastanlage vor, deren Hauptflügel einschließlich der flankierenden Wirtschaftshöfe und die beiden zur Nidda vorgelagerten Pavillons bis 1775 weitgehend vollendet waren. Die in der ursprünglichen Planung noch nicht vorgesehenen Seitenflügel kamen bis 1777 (Ostflügel), bzw. 1780 (Westflügel) zur Ausführung.
Josef Maria Marcus Bolongaro erlebte die endgültige Fertigstellung der Palastanlage allerdings nicht mehr – er starb bereits am 29. Mai 1779.
Sein Bruder Jakob Philipp überlebte ihn nur um ein Jahr und vererbte den Besitz seinen beiden Töchtern bzw. Schwiegersöhnen.
Trotz ihres Engagements in Höchst hatte die Familie Bolongaro ihre Frankfurter Niederlassung und ihr Interesse an diesem ungleich attraktiveren Standort nie aufgegeben. Schon 1783 lenkte der Rat ein und gewährte den Nachkommen jene bürgerlichen Rechte, deren Verweigerung einst Anlass für den Umzug nach Höchst war. Bereits zwei Jahre später kehrte die Familie mit Ausnahme der Witwe Josef Marias nach Frankfurt zurück.
Zahlreiche Eigentümer
Der allmähliche Rückzug der Familie Bolongaro, die komplizierten Besitzverhältnissen und daraus resultierenden Erbstreitigkeiten führten nach jahrzehntelangen Bemühungen schließlich 1861 zum Verkauf der gesamten Anlage an den Mainzer Gasfabrikanten Friedrich August Sonntag (1790-1870), der dort eine Fabrik zum Bau von Gas- und Wasserleitungen einrichtete. Über ihn wird aber auch berichtet, dass er den Palast „im Geiste des Erbauers mit großem Kostenaufwand in allen seinen Theilen wiederhergestellt habe“. Schon bald kam es jedoch zum erneuten Verkauf und schließlich zur Aufteilung von Palast und Garten unter zahlreiche Eigentümer.
Diese Parzellierung wurde erst in den Jahren ab 1907 durch den sukzessiven Ankauf von Teilen des Palastes durch die Stadt Höchst rückgängig gemacht. Im Zuge der Umnutzung des Palastes als Rathaus und Verwaltungssitz erfolgte bis 1909 eine Generalinstandsetzung und Restaurierung aller Gebäudeteile sowie die Neugestaltung der Gartenanlage. Nach der Eingemeindung nach Frankfurt am Main im Jahre 1928 blieb der Palast Verwaltungssitz und beherbergte bis vor Kurzem verschiedene Außenstellen städtischer Behörden.