Leitideen zum Museum Bolongaro

KULTUR- UND MUSEUMSVEREIN BOLONGARO e.V.
Arbeitsgruppe Museum

September 2015

Seit mehr als einem Jahr trifft sich regelmäßig die „Arbeitsgruppe Museum“ des Kultur und Museumsvereins Bolongaro e.V., die sich zum Ziel gesetzt hat, ein Konzept für ein stadtgeschichtlich orientiertes Museum im Bolongaropalast zu entwickeln. Die produktiven Diskussionen in dieser Arbeitsgruppe haben inzwischen einen Stand erreicht, der es uns erlaubt, Leitideen zu einem künftigen Museums Bolongaro festzuhalten, die sich am Anspruch einer „Kultur für alle“ orientieren. Damit versuchen wir, dem Konzept, an dem wir arbeiten, ein Profil zu geben. Die Bezeichnung Museum Bolongaro verwenden wir als Arbeitsbegriff.

Wir halten für uns zuerst einmal in Stichworten fest, was wir wollen und bieten diese Überlegungen als Grundlage für das weitere gemeinsame Nachdenken, für die Aufnahme weiteren Erfahrungen durch Besuche anderer Museen und für Ergänzungen mit den Ergebnissen von Gesprächen mit Museumsexperten an. Dieser kurze Text markiert daher den aktuellen Stand unserer Arbeit und informiert zugleich über die Gedanken, die wir weiter verfolgen werden.

• Das Museum Bolongaro soll in seiner Gestalt und der Präsentation der einzelnen „Themen“ und „Abteilungen“ nicht nur eine Einladung an alle aussprechen, die an Kultur und Geschichte interessiert sind, sondern mehr noch: es soll Interesse wecken. Wir arbeiten an einem Konzept, das Menschen „anzieht“.

• Das Museum Bolongaro wird einen mit Aktionen und Überraschungen gefüllten „Erlebnisgang“ anbieten, der zu Einsichten und zu Erkenntnissen in die gestaltenden Kräfte der Geschichte und der Kultur führt. Historische Entwicklungen sollen so nachvollzogen werden können. Motivierende Fragen helfen, Themen und komplexe Zusammenhänge zu erschließen. Ausgangspunkt für Fragen und Nachdenken wird in der Regel der heutige Alltag sein, der anregt, herauszufinden, wie der Alltag zu unterschiedlichen Zeiten bewältigt wurde: Wie gingen und fuhren die Menschen zur Arbeit? Wo und wie wurde für das tägliche Leben eingekauft? Wie viel Zeit blieb den Menschen nach ihrer Arbeit für sich und ihre Familie? Wie haben die Menschen gewohnt? Welche Bedeutung hatten früher die Vereine? Ersetzen heute der Computer und das Internet die sozialen Beziehungen, die Menschen früher in Vereinen gesucht und gefunden haben?

• Das Museum Bolongaro soll deutlich machen, wie Höchst und die westlichen Stadtteile von Frankfurt für die seit Jahrhunderten zugewanderte Bevölkerung zur „Heimat“ werden konnte. Was heute so besonders betont wird, durchzieht die Geschichte seit Jahrhunderten: das multikulturellen Zusammenfinden und Zusammenleben. Welche Menschen sind wann und warum nach Höchst zugewandert und wurden hier sesshaft?

• Das Museum Bolongaro rückt die menschliche Arbeit als eine entscheidende Gestaltungskraft der Geschichte in den Mittelpunkt. Dieser Schwerpunkt für ein Museum im Frankfurter Westen verdeutlicht die Differenz zur Bedeutung des Handels und der Banken im Zentrum der Stadt Frankfurt. Für Höchst bietet sich die Industrialisierung am Beispiel der chemischen Industrie und der Geschichte der Farbwerke Höchst an

• Das Museum Bolongaro ist für uns ein Ort, in dem sich die kulturelle Vielfalt unserer Stadt wo immer es möglich ist auch in den „Themen“ und natürlich in besonderen Ausstellungen spiegelt. Es soll beispielhaft den Anspruch einer „Kultur für alle“ zum Ausdruck bringen und die hier lebenden Menschen aus den verschiedensten Kulturen dazu einladen, sich anderen mitzuteilen und andere Kulturen kennenzulernen. Es sollen besondere museumsdidaktische Anstrengungen unternommen werden, mit diesem Angebot gerade diejenigen zu erreichen, die den etablierten Kultur- und Bildungseinrichtungen eher fern stehen.

• Das Museum Bolongaro ist durch alle „Themen“ und „Abteilungen“, die es einmal in diesem Museum geben wird, ein Spiegel für gegenwärtige Veränderungen im Anschauungsmaterial der Geschichte. Der Blick in das Vergangene ist ein Blick auf diese Veränderungen des Vergangenen. Damit eröffnet das Museum Bolongaro einen Zugang zu einem Begriff von Geschichte mit einem in die Zukunft reichenden Erkenntniswert.

• Das Museum Bolongaro fördert das Erinnern und das Sichvergegenwärtigen durch besondere Projekte und Ausstellungen, die sich der verschütteten und verdrängten persönlichen und kollektiven Vergangenheit zuwenden.

• Das Museum Bolongaro will die „Neugierde“ wecken – und es soll sich herumsprechen, dass es in diesem Museum immer Überraschendes zu entdecken gibt. Der Grundgedanke, dass das scheinbar „Museale“ auch etwas mit dem eigenen Leben zu tun hat, soll im gesamten Arrangement erkennbar sein.

• Das Museum Bolongaro bietet durchgängig aktivierende Arbeitsmöglichkeiten, durch die tätig und selbst erkennend erschlossen werden kann, was üblicherweise und oft nur anschauend angeboten wird. Mit diesem Anspruch wollen wir diesem Museum einen herausragenden Charakter geben. Das „anziehende Konzept“ soll sich mit geeigneten Mitmachkonzepten beispielhaft darin konkretisieren, dass insbesondere Kinder und Jugendliche aktiv und spielerisch mit den „Themen“ und Ausstellungsobjekten vertraut werden können.

Das Museum Bolongaro muss in ein attraktives Gesamtkonzept des KulturPalastes Bolongaro integriert werden, das Besucher weit über Frankfurt hinaus anzieht. Der Blick ist dabei gerade auf die in unsere Region zugewanderten Menschen mit ihrer kulturellen Vielfalt zu richten.

Die Einrichtung eines solchen Museums bietet die Möglichkeit, am Beispiel des Frankfurter Westens die historische und aktuelle Kulturentwicklung in unserer Stadt abzubilden und erlebbar zu machen. Damit können „Missverständnisse“ zwischen Kulturen offengelegt werden und kann Vertrauen in ein Zusammenleben wachsen. Das Museum Bolongaro ist so ein kultureller Ort für die Geschichte und die erlebte Gegenwart mit einem Blick in die Zukunft.

Ein erster Entwurf für ein Konzept mit einer Zusammenstellung von Themen und beispielhaften Überlegungen zur konkreten Gestaltung liegt bereits vor.

Gekürzte Fassung der Leitideen vom 22. September 2015
Edgar Weick, 17.3.2019